Hofstett-Emerbuch / Stuttgart (kobinet)
Für Achim Kustermann aus dem schwäbischen Amstetten steht fest: Er will einmal [mehr]
Radiomoderator werden. Der 7-Jährige ist ein Junge wie andere seines Alters auch, aber eben auch ganz anders. Anders als andere ist er, denn er hat viel Mut bewiesen, als er sich vor einiger Zeit bei «Wetten, dass…» mit einer Kinderwette bewarb. Achim behauptete, allein an den Wählgeräuschen eines Handys die Rufnummern zu erkennen. Er gewann mit seinem unerschrockenen Auftreten nicht nur die Wette, sondern auch die Herzen einer ganzen Fernsehnation. Die Tatsache, dass Achim blind ist, spielte dabei nicht die geringste Rolle. Allein der Charme des 7-Jährigen überzeugte. Und sein breites Schwäbisch lässt keinen Zweifel daran, dass dieser Dialekt zumindest die nächste Zukunft überlebt.
Mit diesem Fernsehauftritt war Achims «Medienkarriere» noch längst nicht beendet. Manch Fernsehstar und- sternchen wäre froh über die folgenden Interviewanfragen gewesen. Achims Mutter berichtet gegenüber kobinet-nachrichten, dass nichts gegen Achims ausdrücklichen Wunsch geschieht und er auf keinen Fall zum Kinderstar gedrängt werden soll. «Es war Achims eigene Idee sich bei ‚Wetten, dass …' zu bewerben. Durch seinen Auftritt hat er zeigen können, dass eine Behinderung nicht daran hindert, genau so aktiv zu sein wie andere auch».
Doch einen Herzenswunsch hatte Achim: Er wollte seinen Lieblingsradiosender den SWR4 (Südwestrundfunk) und seinen Lieblingsmoderator Michael Branik in Stuttgart besuchen.
Dieser Wunsch ging am vergangenen Samstag in Erfüllung. Der SWR lud ihn und seine Eltern jedoch nicht nur zur Besichtigung ins Sendezentrum ein. Vielmehr sollte Achim an der Seite Michael Braniks als Co-Moderator in beim dreistündigen SWR-Notenexpress «mitarbeiten». Zuvor fand allerdings die heiß ersehnte Führung durch den Sender statt. Die konnte niemand besser durchführen als der selbst von Geburt an blinde Redakteur Peter Beck. Er wusste, wie er Achim die Studios, die Technik und das ganze Drumherum verständlich erklären konnte.
Aufgeregt vor der Sendung sei er schon, meinet Achim: «A bissle. Acht Prozent». Am Abend zuvor seien es 2,5 Prozent gewesen. Aber: «Vielleicht steigert sich´s au no. Ka scho sei». Als die Sendung endlich losgeht, ist von Aufregung nichts mehr zu spüren. Auf Branik´s Begrüßung: «Willkommen zum SWR4 Notenexpress…-» -" schmettert der Co-Moderator «. . . mit Kustermann und Branik!». Dann folgt eine Sendung, die Tausende begeisterter Zuhörerinnen und Zuhörer ans Radio fesselt und Hunderte von Faxen und Anrufen zur Folge hat.
Und Achim bleibt konzentriert und passt genau auf: «Du, do stimmt was ned. Die hen gsagt, s kommet Regionalnachrichten, und jetzt kommet gar keine, die hen uns, uf schwäbisch gsagt, bschisse». Michael Branik erklärt ihm, dass es sehr wohl in manchen Regionen diese Nachrichten gibt, auch wenn er sie nicht hören kann.
Für Achim ist glasklar, dass er später einmal Radiomoderator werden will. Dann stellt er dem überraschten Branik eine der wichtigsten Fragen des Tages: «Ich stelle Dir jetzt eine Preisfrage. Arbeite ich später mal bei SWR4 oder hab ich einen eigenen Sender?» Michael Branik schwärmt schon von der künftigen Zusammenarbeit. Da wird er auf den harten Boden der Tatsache zurückgeholt: «Falsch! Ich gründ mein eigene Sender!» Aber Branik bleibt ob seines Irrtums nicht ungetröstet. «Da hab ich Dir en Trostpreis mitbracht. Der isch von einem Fan von mir. Den geb'e jetzt Dir», spricht Achim und überreicht Branik einen kleinen Holzhammer.
Ein aufregender Tag hat einen glücklichen, aber auch todmüden Achim Kustermann zur Folge, der nur noch «hoim» will. Und diese Heimfahrt findet standesgemäß - wie es sich für einen Star gehört - statt. Ein chromglänzender Maybach, von Daimler Chrysler zur Verfügung gestellt, bringt ihn und seine Eltern nach Hause.
Achim Kustermann hinterlässt eine Fangemeinde, die sicher kaum noch erwarten kann, bis er seinen eigenen Sender gegründet hat, oder wenigstens bald wieder auf Sendung geht.